Unser Entsetzen über das Unvermögen der EU-Kommission, eine wissenschaftsbasierte und glaubwürdige Taxonomie umzusetzen.

Die EU-Kommission zerstört durch die Aufnahme von Atomenergie und Erdgas die Glaubwürdigkeit nachhaltiger Investments.

(Salzburg, 3.2.2022) Gestern hat die EU-Kommission ihren zweiten Delegierten Rechtsakt zur EU-Taxonomie beschlossen. Die EU-Mitgliedsländer erhielten den Entwurf dieses Rechtsakts in der Silvesternacht, ihnen wurde eine denkbar kurze Frist für Stellungnahmen eingeräumt. Die EU-Kommission bleibt dabei: Atomenergie soll in Zukunft als „grüne“ Übergangstechnologie eingestuft werden.

PLAGE: Entsetzen über das Unvermögen der EU-Kommission

„Wir sind entsetzt über das Unvermögen der EU-Kommission, eine wissenschaftsbasierte und glaubwürdige Taxonomie umzusetzen. Der Entschluss der Kommission, Atomenergie und Erdgas als nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten in die Taxonomie aufzunehmen, ist kurzsichtig und durch Pfadabhängigkeiten gekennzeichnet. Die Kommission trampelt auf dem fossil-atomaren Pfad gemäß einem „nur weiter so“ und versucht dabei, empirisch nachgewiesene Umwelt- und Klimaschäden durch Atomenergie in andere Räume & Zeiten zu verlagern.“, zeigt sich PLAGE-Mediensprecherin Mag.a Julia Bohnert entrüstet. „Der klimaschädliche Uranabbau wird beispielsweise als nicht-existent ins EU-Ausland exportiert und die umweltschädliche, weiterhin ungelöste Langzeitlagerung radioaktiven Mülls wird in die Zukunft projiziert. Konzepte für die Langzeitlagerung? Eine Frage für das Jahr 2050, nur nicht zu früh daran denken.“

Der Glaube an nachhaltige Investments: zerstört.

Für die Entscheidung der EU-Kommission gibt es keinen sachlichen Grund. Der Obmann der PLAGE, Dr. Franz Daschil, führt einen weiteren Kritikpunkt an dem Beschluss der EU-Kommission ins Treffen: „Das europäische Klimaschutzpaket Green Deal und die dazugehörige Taxonomie als Europas grünes Finanzinstrument sollen Finanzströme in nachhaltige Bahnen lenken und InvestorInnen eine brauchbare Orientierung bieten. Die Aufnahme von Atomenergie in die Taxonomie verwässert dieses eigentlich zukunftsweisende Instrument und zerstört die Glaubwürdigkeit des Green Deals. Eine Verwirrung für alle KonsumentInnen. Nachhaltige Investments? Sind das nun jene mit Atomkraft oder die wirklich „grünen“?“

Selbst die „Plattform für nachhaltige Finanzen“, jenes Beratergremium der EU-Kommission, das mittels der Taxonomie-Verordnung extra eingerichtet wurde, um die Kommission bei der Entwicklung einer nachhaltigen Finanzpolitik zu unterstützen, hat sich vehement gegen die Aufnahme von Atomenergie und Erdgas ausgesprochen. Das Vorhaben sei „Greenwashing“ und gefährde den grünen Wandel in Europa. Auch die Europäische Investitionsbank hat angekündigt, die Taxonomie zu ignorieren.

Die Hoffnung liegt auf dem EU-Parlament.

Das EU-Parlament kann den von der EU-Kommission vorgelegten delegierten Rechtsakt als Gesamtpaket ablehnen oder annehmen, Änderungen sind nicht möglich. Hierzu braucht es eine einfache Mehrheit, 353 Abgeordnete müssten dagegen stimmen. Ausschlaggebend werden die Stimmen der beiden Fraktionen „Europäische Volkspartei“ und „Renew Europe“ sein. Die Fraktion der Grünen und die Linke haben bereits im Vorfeld der Kommissionsentscheidung signalisiert, gegen den Beschluss zu stimmen. „Wir appellieren an die österreichischen EU-Parlamentsabgeordneten, alle Anstrengungen zu unternehmen, um ihre FraktionskollegInnen von einem Nein zu dem Rechtsakt zu überzeugen“, schließt Daschil etwas hoffnungsvoll. 

 

Fotocredit: Gerhard G. auf pixabay