Tschernobyl: die andauernde Tragödie

34 Jahre Tschernobyl. Bis heute radioaktiv.

In der Sperrzone des am 26. April 1986 havarierten Atomkraftwerkes Tschernobyl in der Ukraine brennen seit 4. April 2020 die Wälder. Das setzt Strahlung frei. Vor knapp einer Woche hat die ukrainische Regierung die Brände für praktisch gelöscht erklärt, wobei die Zahl der Einsatzkräfte dennoch verdoppelt wurde. In der rund 70 Kilometer von dem Tschernobyl-Sperrgebiet entfernten Hauptstadt Kiew erreichte die Luftverschmutzung durch Brandpartikel ein Rekordhoch. 

Radioaktiver Rauch

Die "Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges" (IPPNW), ein Kooperationspartner der PLAGE, warnen vor einer Verharmlosung der freigesetzten Strahlung.  Der Co-Vorsitzende Dr. Alex Rosen weist darauf hin, dass stark verdünnte Rauchschwaden bereits andere Teile Europas erreicht haben. Feine Messungen zeigten einen Anstieg bei den Cäsium-137-Werten. Die Strahlenwerte seien "keine relevante Gefahr für die Bevölkerung“, insofern nicht deutlich stärker verseuchte Teile der Sperrzone in Brand gerieten. (Fortsetzung des Artikels unter der Infobox)

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34 Jahre Tschernobyl.

In der Nacht vom 25. auf 26. April 1986 explodiert der Reaktor des ukrainischen Atomkraftwerks Tschernobyl. Der Super-GAU nimmt seinen Lauf. Österreich wird aufgrund der damaligen Regenfälle die am stärksten betroffene Region Westeuropas (Ian Fairlie 2006 / brit. Strahlenschutz-Experte). Die erhöhte Strahlenbelastung ist bis heute und auf Jahrzehnte messbar. 

Foto: Harald Steinbichl / www.roadside-picnic.com

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Kein „sicherer“ radioaktiver Schwellenwert

Durch den Brand in der Sperrzone des AKWs Tschernobyl gelangen die radioaktiven Isotope Cäsium-137 und Strontium-90, die sich in den Pflanzen und an der Bodenoberfläche angesammelt haben, in die Atmosphäre. Werden die Partikel von Menschen eingeatmet, rufen sie auf Jahre hinaus immense gesundheitliche Probleme wie Krebserkrankungen hervor.

Dr. Rosen weist eindrücklich darauf hin: „Es ist wichtig, zu verstehen, dass es keinen Schwellenwert gibt, unterhalb dessen Radioaktivität ungefährlich wäre. Jede zusätzliche Strahlenbelastung sollte möglichst vermieden werden. (…) 

Europa ist gefährdet - Aufruf zur internationalen Unterstützung

Dr. Rosen weiter: "Bei ungünstiger Wetterlage und Windrichtung könnte auch der Rest Europas, könnte auch Deutschland von den radioaktiven Wolken betroffen sein. Die aktuellen Versuche, die Waldbrände zu verharmlosen sind daher unverantwortlich und gefährlich. Es ist wichtig, jetzt zu handeln, bevor die Feuer sich weiter ausbreiten. Jetzt ist der Zeitpunkt für schnelle Hilfen und internationale Unterstützung.“ 

Die IPPNW hat vergangene Woche die deutsche Bundesregierung dazu aufgerufen, auf EU-Ebene unbürokratische Unterstützung für die Ukraine zu organisieren, damit die Brände rasch unter Kontrolle gebracht und künftig Vorkehrungen getroffen werden können, um die Gefahr von Waldbränden zu minimieren. 

Laut dem STANDARD online (14.4.2020) forderte die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) in einem Brief an Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) internationale Hilfestellung und unterstützende Maßnahmen für die Region rund um die AKW-Ruine. Der STANDARD zitiert Mikl-Leitner aus einer Aussendung: "Aus dieser kritischen Situation in Tschernobyl darf kein Sicherheitsrisiko für Österreich entstehen. Dieser Vorfall bestätigt einmal mehr, dass Atomkraft strikt abzulehnen ist" (APA, 17.4.2020).

Quellen:

Ärzteorganisation IPPNW warnt vor Verharmlosung (20.4.20). IPPNW Pressemitteilung.

Rekordluftverschmutzung in Kiew wegen Waldbrands bei Tschernobyl (17.4.20). Der STANDARD.

Warnung vor gefährlichem Rauch (20.4.20). ORF online.

Foto: Harald Steinbichl / www.roadside-picnic.com

 

Tschernobyl: ein gesundheitliches, ökologisches und finanzielles Desaster

Die gesundheitlichen Auswirkungen von Tschernobyl sind ausgezeichnet in dem IPPNW Report (2016) "30  Jahre Leben mit Tschernobyl, 5 Jahre Leben mit Fukushima" dargestellt. 

Im Auftrag von Greenpeace Energy berechnete das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft die finanziellen Kosten des Reaktorunfalls für Deutschland und weltweit. Die im April 2020 veröffentlichte Studie findet sich HIER