Temelin - Rechtsschritte
Seit den 90er Jahren kämpft die Oberösterreichische Plattform gegen Atomgefahren "atomstopp - atomkraftfrei leben!" und die PLAGE gegen das tschechishe AKW Temelin. Seit einigen Jahren wird nun der Versuch durchgeführt (Völker)rechtliche Schritte gegen Temelin in die Wege zu leiten - s. dazu auch das Gutachten vom Salzburger Völkerrechtsprofessor Dr. Geistlinger im Donloadbereich rechts. Ebenso zu finden eine Diplomarbeit zum Thema.
Übrigens:
Das AKW Stendal in der ex-DDR war von ähnlicher Bauart wie Temelin. Nach der „Wende“ hielten selbst die atomfreundlichen deutschen Genehmigungs- bzw. Reaktorsicherheitsbehörden unter der Regierung Kohl die sowjetische WWER-1000-Meiler für nicht auf westdeutsches Sicherheitsniveau nachrüstbar. Daher wurde Stendal stillgelegt. Nach wie vor der untrügliche Beweise, daß das AKW Temelin nie diesen Sicherheitsstandard erreichen kann. Und was Sicherheitsstandards selbst in Industrie-Spitzenländer wert sind, hat sich an der Atomanlage im japanischen Tokaimura ja gerade wieder gezeigt. Wie unter diesen Verhältnissen die österreichische Regierung gegenüber Temelin oder anderen Nachbarreaktoren nach Anfällen gewisser Forschheit derart windelweich und in ständigem Schlingerkurs agieren kann, ist ein Skandal gegenüber der österreichischen Bevölkerung.
Im Folgenden nun ein kurzer Abriss der unendlichen Geschichte Temelins:
Temelin, die unendliche Geschicht
Temelin sollte nur der Auftakt sein. Mit einem beispiellosen nuklearen Ausbauprogramm wollte die kommunistische Führung der ehemaligen Tschechoslowakei zeigen, wie's geht: Wie im Computerspiel SimCity setzten die Atomplaner der 70er-Jahre Kraftwerke in die Landschaft. Gegen den beängstigend wachsenden Strombedarf, vor allem aber, um den an seine Leistungsgrenzen gelangten Braunkohleabbau zu entlasten. Jeder Kreis des Landes sollte über 2 x 1000 oder 4 x 1000 MW Leistung verfügen. Später reduzierte man das Vorhaben auf insgesamt 4 Kraftswerksbauten. Temelin, 24 km nördlich von Budweis, war der erste vorgesehene Standort. Es sollte der einzige bleiben.
Bei Baubeginn Mitte der 80er-Jahre waren in Temelin vier Reaktoren des sowjetischen Typs WWER-1000 mit je 1000 MW Leistung vorgesehen. Eines der großen Kernkraftwerke Europas sollte hier entstehen. Dem Baugelände mussten drei Gemeinden (Temelinec, Krtenov und Brezi) gänzlich weichen. Aus weiteren Dörfern wurden nach und nach die Bewohner abgesiedelt. Um ausreichend Kühlwasser für das Kraftwerk bereitstellen zu können, wurden ein Teil der Stadt Hluboka nad Vltavou sowie angrenzende Gemeinden geflutet
Kein Ende nach der Wende
Während sich Deutschland rasch von seiner DDR-Altlast, dem AKW Greifswald, verabschiedete und auf eine Behebung der gravierenden Sicherheitsmängel sowohl aus Kosten- als auch aus Sicherheitsgründen verzichtete, gingen die Bauarbeiten in Temelin, wenn auch langsam, weiter. Die stark vom Atomprogramm geprägte tschechoslowakische Industrie (Skoda Pilsen, Vitkovice, Sigma), die zudem ihrer wichtigen Nuklearkunden in Polen, Bulgarien und Ungarn verlustig wurde, unternahm alles, um die Fertigstellung Temelins abzusichern. Die westliche Atomlobby, ebenfalls mit Absatzproblemen beschäftigt aber kapitalstark, sorgte für vielfältige Unterstützung.
Als 1989 die Baugenehmigung für die Reaktorblöcke 3 und 4 vom Kreisrat nicht weiter verlängert wurde, erreichte die Atomlobby eine Abstimmung im südböhmischen Nationalausschuss, dem damals höchsten Gremium in Südböhmen. Die Mehrheit der Abgeordneten besiegelte das Ende von Block 3 und 4
Seit 1992 stets zwei Jahre vor Inbetriebnahme
An der Baustelle in Temelin kennzeichnen häufige Wechsel des Führungspersonals und jede Menge anderer Probleme die Zeit nach der "samtenen Revolution", dem Sturz der kommunistischen Regierung. Dipl. Ing. Dalibor Strasky, Kernphysiker und Berater des tschechischen Umweltministeriums sieht den Bau Mitte der 90er-Jahre "praktisch außer Kontrolle". Der Bau ist von Zulieferanten beherrscht, an der Fertigstellung besteht kein Interesse, so Strasky. "Seit 1992 stehen wir immer zwei Jahre vor der Inbetriebnahme und müssen im Schnitt jedes Jahr etwa 30 weitere Milliarden investieren."
Die Probleme mit der Baustelle und sinkender Stromverbrauch verstärkten 1992 erneut die Überlegungen, Temelin zu stoppen. Die aus den Parlamentswahlen im Mai hervorgegangene neue politische Führung zog allerdings Konsequenzen der etwas anderen Art: Mit einer gezielten Förderung von Elektroheizungen wurde der Stromverbrauch Tschechiens so nachhaltig gesteigert, dass vorübergehend allein für die Zuwächse die Gesamtproduktion Temelins erforderlich schien.
Im März 1993 beschloss die tschechische Regierung die Fertigstellung von Reaktor 1 und 2, Inbetriebnahme 1995. Sie schrieb die technische Nachrüstung mit westlicher Steuerungselektronik und die Versorgung mit nuklearem Brennstoff aus. Westinghouse bekam gegen die Konkurrenz vieler anderer Firmen den Zuschlag für beide Projekte. Seither werden immer wieder Vorwürfe von Korruption und unlauterem Wettbewerb gegen Westinghouse laut.
Westinghouse veranschlagte seine Leistungen mit 330 Millionen US-Dollar, die später durch eine Kreditgarantie über 317 Millionen Dollar der US Export-Import-Bank besichert wurden. Der Besuch einer österreichischen Regierungsdelegation in Washington in der Zeit der Beschlussfassung durch die Exim-Bank blieb erfolglos. Trotz Bedenken der zuständigen Unterausschüsse des US-Parlaments stimmte die Bank am 10. März 1994 für die Vergabe der Kreditgarantie.
111 statt 35 Milliarden Kronen
1981 rechnete man mit Gesamtbaukosten von 35 Milliarden Kronen (für 4 Reaktorblöcke). Eine 1985 erstellte Studie kam auf 66 Milliarden. 1993 wurde von der Regierung Klaus ein Budget von 68,8 Milliarden für das inzwischen auf 2 Reaktoren verkleinerte Projekt genehmigt. Im Mai 1996 informierte Minister Dlouhy die Regierung über Temelin-Baukosten in Höhe von 76 Milliarden. Eine Rechnung, die er ein Jahr später auf 83 Milliarden und Amtsnachfolger Karel Kühnl 1998 auf 91 Milliarden korrigierte. Offiziell geht man heute von jenen 98,6 Milliarden aus die 1998 eine von der Betreibergesellschaft CEZ vorgelegte Kalkulation auswies. "Faktisch"' werden die Kosten allerdings noch deutlich höher sein, stellte ein Expertenteam schon 1999 fest. Um etwa 12 bis 13 Milliarden Kronen.
2001 statt 1987
Den ursprünglichen Plänen zufolge sollte der erste Reaktorblock des AKW Temelin 1987 in Betrieb gehen. 1993 wurde mit einer Fertigstellung von Reaktor 1 bis 1995 gerechnet, danach wurde das Jahr 1997 als Termin genannt. Im Herbst 1996 wurde die Inbetriebnahme mit Ende 1999 ins Auge gefasst.
Die letzte regierungsamtliche Überprüfung des Projekts Temelin auf Sinnhaftigkeit erfolgte 1998. Eine unabhängige Expertengruppe sollte erneut die Fürs und Wider abwägen. Der 1999 vorgelegte Bericht enthielt zwar keine definitive Empfehlung zur Baueinstellung, verwies aber auf zahlreiche ökonomische Risiken und den rückläufigen Energiebedarf. 1996 bis 1999 sank der Stromverbrauch in der tschechischen Republik, seit Ende 1999 steigt er wieder. "Kurzfristige Änderungen des Strombedarfs können für die Planung und Inbetriebnahme der Kraftwerke nicht entscheidend sein", so die Betreiberfirma CEZ inzwischen weitsichtig auf ihrer Homepage.
Aus der Sicht von CEZ gibt es zwei Möglichkeiten: das AKW Temelin in Betrieb zu nehmen ... oder "der Gesellschaft einen Verlust in Höhe von nahezu 100 Milliarden Kronen zuzufügen, der mit hoher Wahrscheinlichkeit den Zusammenbruch von CEZ, a.s. herbeiführen würde." (Homepage CEZ). Am 12.Mai 1999 beschloss die Regierung Zeman die Fertigstellung des Atomkraftwerks Temelin. Nach einer Bauzeit von 13 Jahren wurde Block 1 des umstrittenen AKW Temelin am 9. 10. 2000 erstmals aktivier